WIRTSCHAFTSBEOBACHTUNG UND STATISTIK

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Zukunftsaufgaben: Knappheit an Material und Fachkräften fordert das Handwerk heraus


Der Bezirk der Handwerkskammer Münster liegt in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zu den Niederlanden, umfasst das Münsterland und die Emscher-Lippe-­Region und ist identisch mit dem Regierungsbezirk Münster mit rund 2,6 Millionen Einwohnern.
 
Karte Kammerbezirk Betriebe, Beschäftigte, Auszubildenden, Umsatz

Engpässe an Material und der Mangel an Fachkräften, das waren die größten Zukunftsherausforderungen, die Handwerksbetriebe im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region Ende Mai 2021 für sich gesehen haben. Das zeigten die Ergebnisse einer Umfrage, an der sich 636 Handwerksbetriebe aus dem Kammerbezirk beteiligten.

Die Unternehmen bewerteten den Stärkegrad von sechs Zukunftsherausforderungen. Dieser reichte von „gar nicht“ (1 Punkt) bis „sehr groß“ (6 Punkte). Am drängendsten sind demnach die aktuellen Materialengpässe und -preissteigerungen. Über alle Branchen hinweg wurde diese Herausforderung mit einem Durchschnittswert von 4,44 Punkten als „mäßig“ bis „groß“ bewertet. Das Ausbaugewerbe war stark betroffen, dicht gefolgt vom Bauhauptgewerbe. Insbesondere Holz und Metalle waren knapp. „Mäßig“ betroffen waren die Handwerke für den gewerblichen Bedarf. Ausgebremst wurde zudem das Kraftfahrzeuggewerbe. Nur eine „geringe“ Herausforderung sahen die Personenbezogenen Dienstleister, die weniger Material brauchten, wenngleich sich auch hier Engpässe bemerkbar machten.

Nahezu ebenso massiv forderte der Fachkräftemangel die Betriebe bereits seit Jahren. Der Durchschnitt der Bewertung lag bei 4,36 Punkten, also erneut bei „mäßig“ bis „groß“. Auf dem Bau war das Problem stark bemerkbar. Überdurchschnittlich herausgefordert sah sich hier auch das Kraftfahrzeuggewerbe.

Die Coronakrise forderte das Handwerk nach wie vor hinsichtlich Gesundheitsschutz und Existenzsicherung. Die Herausforderung durch das Virus wurde mit einem Durchschnittswert von 4,15 Punkten als eher „mäßig“ bewertet. Corona bereitete den Personenbezogenen Dienstleistern mit direkten Kundenkontakten die meisten Probleme. 75 Prozent der Befragten dieser Gruppe sahen hierin eine große bis sehr große Herausforderung. Auch das Nahrungsmittelhandwerk und wiederum das Kraftfahrzeuggewerbe bewerteten diese Herausforderung als überdurchschnittlich. Aber letztlich forderte die Pandemie alle Gewerke auf ihre Weise heraus.

Die Digitalisierung wurde in der Dringlichkeit mit 3,78 Punkten bewertet, also tendenziell „mäßig“. Am stärksten gefordert waren das Kraftfahrzeug- und das Gesundheitsgewerbe. Am wenigsten relevant war der digitale Wandel bei den Personenbezogenen Dienstleistern.

Annähernd gleichauf folgten die Herausforderungen durch den Klimawandel mit 3,74 Punkten, also ebenfalls tendenziell „mäßig“. Das Nahrungsmittelgewerbe sah sich hiervon am meisten gefordert. Ernährungsgewohnheiten und Energiepreise, aber auch Umbrüche in der Landwirtschaft spielten hier eine Rolle. Selbstverständlich nahm auch das Kraftfahrzeuggewerbe die Folgen des Klimawandels in Bezug auf Mobilitätskonzepte deutlich wahr.

Die Betriebsübergabe und -nachfolge nahm mit durchschnittlich 2,9 Punkten auf der Skala eine nur relativ geringe Bedeutung ein. Das Thema griff die demografische Entwicklung und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung als Handwerksunternehmerin oder -unternehmer auf. Das Gros der Befragten – 38 Prozent – hatte damit keine Probleme. Nur 10 Prozent bewerteten diese Herausforderung als sehr groß. Am herausforderndsten wurde die Übergabe im Nahrungsmittelhandwerk gesehen.

Das Ausmaß, in dem sich die Branchen den genannten Herausforderungen gegenübersahen, variiert: Am wenigsten Bedeutung hatte sie für die Personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe (Bewertung: 3,4 Punkte). Es folgten in aufsteigender Reihenfolge die Gesundheitsgewerbe (3,7 Punkte), die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (3,8 Punkte), das Bauhauptgewerbe und das Nahrungsmittelgewerbe (4,0 Punkte) und die am meisten betroffenen Ausbaugewerbe und Kraftfahrzeuggewerbe (beide 4,1 Punkte).

Generell bewerteten Einzelunternehmer die genannten Herausforderungen eher als „gering“. Die Zukunftsaufgaben wurden als umso bedeutsamer angesehen, je größer die Betriebe waren. Die befragten Unternehmen mit mindestens 50 tätigen Personen bewerteten die Herausforderungen insgesamt als „mäßig“.

Die Handwerkskammer Münster unterstützt Betriebe durch Bildung und Beratung, diese Herausforderungen zu meistern, beispielsweise durch Informationsveranstaltungen sowie Initiativen zu Fachkräftegewinnung und -bindung, Digitalisierung sowie nachhaltigen Ressourceneinsatz.
 

Optimistisch für das neue Jahr

Lars Droste

Lars Droste, Tischler

Januar 2021 Lars Droste: „Auf das neue Jahr blicke ich mit Optimismus. Schlechter als letztes Jahr geht es auch fast nicht mehr. Ich bin Mitglied der Geschäftsleitung der Droste Werkstätten in der fünften Generation. Unser Familienbetrieb im Tischlerhandwerk hat zwei Kriege mitgemacht und wurde teilweise zerbombt. Wir werden auch die Corona-Krise überstehen. Für Großkunden der Luftfahrtbranche bauen wir weltweit hochwertige Messestände

Als im vergangenen Winter eine Messe in China abgesagt wurde, ahnte ich, dass da etwas kommt. Wir konnten noch in Singapur, Moskau und Dubai arbeiten. Danach brach der Umsatz im Messebau weg. Glücklicherweise waren wir immer noch breit aufgestellt und haben im Messebau langfristige Verträge. Im Innenausbau gewannen wir einen großen Kunden hinzu. Für mehr Infektionsschutz haben wir bei Montagen unsere Mitarbeiter auf mehrere Autos verteilt und viel Aufwand betrieben.

Im Herbst infizierten sich zwei Fachkräfte im privaten Umfeld mit Corona. Auch Kollegen mussten per Anordnung in Quarantäne. Wir haben am Limit gearbeitet. Die Betriebsabläufe waren gestört. Das alles möchte ich nicht noch einmal erleben. Meine Hoffnungen setze ich auf sinkende Infektionszahlen.“
 

Investitionen werden verschoben

Uwe Bußmeier

Uwe Bußmeier, Zahntechniker

Januar 2021 Uwe Bußmeier: „Auf 2021 blicke ich eher pessimistisch. Für die Zahntechniker wird es wohl ähnlich schlecht laufen wir im Vorjahr. Im vergangenen März machte sich schnell Verunsicherung bei Patienten breit; Zahnarztbesuche unterblieben nicht selten – unnötig und sogar potenziell auch schädlich: Die Zahnarztpraxen arbeiten schon immer unter höchsten Hygienestandards.

Unsere Medizinprodukte stellen wir im Auftrag der Zahnärzte her und haben damit indirekt auch Patientenkontakt. Ich beantragte im März Kurzarbeit für meine Mitarbeiter und Soforthilfe für meinen Betrieb. Ich habe auch selber zurückgesteckt. Als wieder mehr Menschen zum Arzt gingen, normalisierten sich die Aufträge und die Kurzarbeit konnte ausgeschlichen werden. Danach war das Problem, dass genehmigte Heil- und Kostenpläne in der Corona-Krise ungenutzt abgelaufen waren.

Die Verlängerungen dauern. Ich versuche sparsam durch diese Zeit zu kommen. Investitionen werden verschoben, nicht notwendige Kosten minimiert und private und betriebliche Ausgaben reduziert. Ich gehe davon aus, dass sich die Infektionszahlen in den nächsten Monaten nicht sehr von denen des Vorjahres unterscheiden werden.“
 

Teilelieferung wird schwieriger

Josef Wierling, Metallbauer

Josef Wierling, Metallbauer

Februar 2021 Das Beschaffen von Zulieferteilen, besonders aus hochwertigem Edelstahl, sei seit Jahresbeginn zu einem Problem geworden, berichtet Josef Wierling. Er ist Geschäftsführer des gleichnamigen Metallbaubetriebs in Nordkirchen.

„Diese Stahlknappheit habe ich im Dezember noch für nicht möglich gehalten. Wir haben viele Kunden aus Asien, vor allem im Schiffs- und Kraftwerkbau. Der Stahl kommt vor allem aus China. Dieses Vorprodukt wird zunehmend knapp, weil wegen der Pandemie weniger als sonst produziert worden ist.

Lieferzeiten verlängern sich, Preise steigen. Damit wird es auch für uns schwieriger, vertraglich zugesagte Liefertermine einzuhalten. Im Moment besteht die große Gefahr, dass wir Aufträge verlieren, weil asiatische Konkurrenten Termine zusagen, die nicht zu halten sind. Der Markt wird härter.“
 

Sorgen im Kfz-Gewerbe

Markus Krause, Kfz-Techniker

Markus Krause, Kfz-Techniker

März 2021. Sehr schwierig findet Kraftfahrzeugtechnikermeister Markus Krause die aktuelle Situation für seinen Betrieb, Auto-Krause in Billerbeck. Wegen der Corona-Pandemie samt Lockdown muss sein Haus seit dem 15. Dezember die Türen geschlossen halten.

„Der Verkauf läuft sehr schleppend. Der Umsatz bei Neu- und Gebrauchtwagen fiel um 50 Prozent. In der Werkstatt haben wir Rückgänge um die 25 Prozent. Die Fixkosten laufen in unserer kapitalintensiven Branche mit hoher Personaldichte aber unverändert weiter“, fasst der Unternehmer zusammen. Hinzu komme der Wertverlust seiner Fahrzeuge, die auf dem Hof und der Verkaufshalle stünden.

Probefahrten seien bei erklärungsbedürftigen Fahrzeugen mit Abstandsgebot kaum machbar. „Das bereitet Sorgen und erschwert Investitionsentscheidungen für die Zukunft. Auch die Übernahme von Auszubildenden nach der Gesellenprüfung wird gründlicher überdacht.“
 

Mehr Bestattungen mit Covidgefahr

Dirk Blum (l.), Bestattungsunternehmer

Dirk Blum (l.), Bestattungsunternehmer

März 2021. „Die Bestatter haben deutlich mehr Arbeit als vor Corona“, berichtet Dirk Blum (l.), geschäftsführender Gesellschafter des Bestattungsunternehmens Erwin Pfeil in Gelsenkirchen. Während des ersten Lockdowns habe es 50 Sterbefälle wegen des Virus in der Stadt gegeben.

Von Beginn des zweiten Lockdowns bis Mitte Februar seien bereits 250 Menschen an Covid verstorben. „Wir sind Auftragsbestatter der Polizei und immer schon vorsichtig wegen der Infektionsgefahr gewesen, wenn wir zu Toten gerufen werden. Jetzt müssen wir doppelt und dreifach aufpassen. Meine Mitarbeiter und ich wissen als Bestatter: Dieser Erreger kann unser Leben gefährden. Ich habe Angst vor einer Ansteckung.“

Der Betrieb habe im vergangenen Jahr rund 5.500 Euro für Schutzkleidung ausgegeben. Eine weitere Herausforderung seien Trauergespräche mit Maske. „Derzeit ist weniger menschliche Nähe als früher möglich“, bedauert Blum.
 

Viruspandemie ist größere Sorge

Tobias Brüggemann, Maschinenbauer

Tobias Brüggemann, Maschinenbauer

März 2021. „Die Maßnahmen gegen das Coronavirus sind bei uns gut zu stemmen. Aber die Pandemie darf hier nicht einfallen“, so bringt Geschäftsführer Tobias Brüggemann seine aktuellen betrieblichen Sorgen auf den Punkt.

Sein Handwerksunternehm­­­­en, das ist die BRB Dreherei und Maschinenbau in Emsdetten. Für das Hygieneschutzkonzept hat der Betrieb eine Externe Sicherheitsfachkraft beauftragt und es gab Unterweisungen für alle 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Vorteil: Bei BRB lässt sich genau steuern und kontrollieren, wer das Betriebsgelände betritt und sich in welchen Räumen befindet. Nur Homeoffice funktioniere nicht, weil nahezu alle Beschäftigten in die Fertigung eingebunden seien, so Brüggemann.

„Bisher – toi, toi, toi – waren wir von Corona noch gar nicht betroffen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir irgendwann damit zu tun haben werden, steigt. Ein Einschlag wäre schmerzhaft aber nicht fatal, weil die Strukturen schlank gehalten sind.“
 

Infektionsschutz bereitet Probleme

Melanie Bergendahl (l.) mit Maler- und Lackierermeister Kl

Unternehmerfrau Melanie Bergendahl (l.) mit Maler- und Lackierermeister Kl

März 2021. „Wenn unsere Maler bei Kunden zu Hause arbeiten, tragen sie wegen des Infektionsschutzes den ganzen Tag lang medizinische Masken. Das ist natürlich eine körperliche Belastung“, gibt Unternehmerfrau Melanie Bergendahl Einblicke in die Arbeit des Malerbetriebs Bergendahl in Bottrop zu Zeiten von Corona.

Schwierig seien dann vor allem Situationen, in denen Kunden meinten, sie brauchten im direkten Kontakt selbst keine Maske zu tragen. „Da muss man den Auftraggeber höflich, aber bestimmt bitten, auch eine Maske aufzusetzen.“ Sie findet, die Infektionsschutzmaßnahmen bereiten im Alltag die meisten Sorgen.

Ein Problem seien auch fehlende Waschbecken auf Baustellen. Maler- und Lackierermeister Klaus Bergendahl hat deshalb alle Fahrzeuge mit Desinfektionsmitteln ausgestattet. Er setzt seine Hoffnungen auf mehr Tests.
 

Unter Hochdruck in Vollmontur

Michael Dahlenburg, Sanitär- und Heizungsinstallateur

Michael Dahlenburg, Sanitär- und Heizungsinstallateur

April 2021. „Durch die strengen Zutrittsregelungen und verpflichtenden Tests für Patienten und Besucher ist das UKM (Universitätsklinikum Münster) in Zeiten von Corona ein verhältnismäßig sicherer Ort vor Ansteckung. Potentiell gefährlicher ist natürlich die direkte Arbeit auf den Covid-Stationen.

„Als auf einer solchen Stationen ein Wasserrohrbruch in einer Nasszelle ein Intensivzimmer lahmlegte, mussten wir alle notwendigen Reparaturarbeiten unter Vollschutzmontur erledigen“, berichtet Michael Dahlenburg. Erschwerte Arbeitsbedingungen also für den stellvertretenden Werkstattleiter der Medien-/Versorgungstechnik am UKM. Als gelernter Sanitär- und Heizungsinstallateur mussten er und seine Kollegen zunächst den Schaden finden, ihn abdichten und anschließend die Rohrleitungen instandsetzen.

„Wir waren auf engstem Raum mit fünf Gewerken im Einsatz“, sagt er. Nach eineinhalb Wochen war der Schaden behoben. Das sei ein Extremfall gewesen, gibt Dahlenburg zu. Ansonsten, sagt er, erschwere Corona vor allem die Kommunikation, weil im Zwei-Schicht-System gearbeitet werde. Außerdem koste das ständige Desinfizieren von Werkzeugen und Arbeitsplätzen viel Zeit.
 

Mit der luca-App Kontakte verfolgen

Frank Brormann, Friseur

Frank Brormann, Friseur

April 2021. Der Kreis Warendorf ist seit März Modellregion für die luca-App zur digitalen Kontaktnachverfolgung. Friseurmeister Frank Brormann macht mit – und ist begeistert. Kunden seines Oelder Salons 360° Haare erklärt er gern wie „luca“ funktioniert: Wer die App aufs Smartphone geladen und seine persönlichen Daten eingegeben hat, scannt beim Friseurbesuch einen QR-Code ein. Damit ist man anonymisiert eingeloggt. Alle Daten bleiben verschlüsselt.

„Unsere Kunden vertrauen uns. Nahezu alle machen mit“, freut sich Brormann. Sollte ein Kunde positiv auf Corona getestet werden, kann dieser dem Gesundheitsamt mit einer TAN den Zugang zu seiner App erlauben. Das Amt kann dann nachvollziehen, wo man gewesen ist, und den weiterhin anonymen Kontaktpersonen die Empfehlung senden, sich auch testen zu lassen.

Brormanns Erfahrungen nach drei Wochen mit „luca“ sind „phantastisch“: „Endlich können wir helfen und Teil einer Lösung der Coronakrise sein.“
 

Die Lagergröße setzt die Grenze

Spenglermeister Sebastian Schmedding

Sebastian Schmedding, Spengler

April 2021. „Obwohl wir immer noch genug Aufträge haben, ist die Situation nicht schön, weil bestimmte Materialien nicht zu kriegen sind“, fasst Spenglermeister Sebastian Schmedding zusammen.

Der Coesfelder Unternehmer füllte sein Lager mit allem, was er für die Arbeit im Klempner- und Dachdeckerhandwerk braucht, als sich im März abzeichnete, dass die Preise für Holz, Kupfer und Dämmstoffe stark steigen werden. „So konnten wir die Preise bestehender Verträge halten, ohne noch Geld zur Baustelle mitzubringen.“ Damals hätten die Materialkosten einen exponentiellen Sprung gemacht; derzeit seien sie stabil.

Mittlerweile kalkuliere er Angebote nur noch auf der Basis von Tagespreisen und berechne einen Abschlag vor dem Materialkauf. Schmedding: „Die Lagergröße begrenzt unsere Kundenzahl und das Auftragsvolumen.“
 

Korrekt gemachte Tests sind das Ziel

Justus Terhalle

Justus Terhalle

April 2021. Bereits im Februar, als noch keine Testpflicht galt, stellte sich Christian Büning die Frage: „Müssten wir bei Terhalle nicht auch auf SARS-CoV-2 testen?“ Der Coronabeauftragte der Holzbau-Unternehmensgruppe aus Ahaus informierte sich beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über Laienselbsttests und bestellte 2.000 Stück. (Das Institut listet auf seiner Website zugelassene Antigen-Tests: bfarm.de)

Heute steht auf dem Parkplatz von Terhalle ein selbst gebautes Test-“Tinyhouse“. Darin können die Beschäftigten, aber auch externe Besucher des Betriebs einen Selbsttest unter Begleitung eines vom Deutschen Roten Kreuz geschulten Kollegen machen. Das dauert drei Minuten. Auf dem Parkplatz wird anschließend auf das Ergebnis gewartet.

„Unser Ziel sind korrekt durchgeführte Tests. Für den Moment gibt uns dies neben den AHA-L-Regeln eine weitere Sicherheit“, unterstreicht Justus Terhalle (Bild), der die Tests begleitet.
 

Es ist noch längst nicht vorbei

Sabine Deckenbrock, Damenschneiderin

Sabine Deckenbrock, Damenschneiderin

Juli 2021. Die Coronakrise ist für Sabine Deckenbrock noch längst nicht vorbei. Die Damenschneidermeisterin betreibt in Münster den „Kleidersalon“. Das Maßatelier ist auf Brautmode spezialisiert, bietet aber auch individuelle Anlass- und Alltagsmode an.

„Nachdem im vergangenen Jahr Hochzeiten und Kommunionsfeiern wegen des Virus verlegt wurden, konnten wir uns zumindest mit dem Nähen von Alltagsmasken über Wasser halten, bis OP-Masken Pflicht wurden. Nun haben sich gleich mehrere Kunden kurzfristig entschieden, ihr großes Fest erneut um ein Jahr zu verschieben. Dann muss ich plötzlich umdisponieren, obwohl schon Vorarbeiten geleistet, Maß genommen und Stoffe eingekauft wurden. Wenn meine Auszubildende im Sommer ihre Gesellenprüfung bestanden hat, werde ich mich wohl aus der Ausbildung zurückziehen.“

Die Bedingungen seien in ihrem Handwerk immer schwieriger geworden: sehr weite Wege zur Berufsschule, der Mindestlohn und jetzt Nachfragerückgänge, betont Deckenbrock, die auch Obermeisterin und stellvertretende Kreishandwerksmeisterin ist.
 

Konjunkturbarometer: Geschäftslage der Handwerksbetriebe 2015 bis 2021

Konjunkturbarometer

Frühjahrskonjunktur 2021


Die Handwerkskonjunktur im Kammerbezirk Münster im Frühjahr 2021 ist im Laufe der Coronakrise in eine Stagnation gerutscht. Die Betriebe hegten nur verhalten optimistische Zukunftserwartungen. Die Branchenunterschiede waren riesig. Das waren die Kernaussagen der Frühjahrs-Konjunkturumfrage 2021 der Handwerkskammer Münster. 590 repräsentative Handwerksunternehmen aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region haben uns Auskunft zu ihrer Lage in den vergangenen sechs Monaten gegeben.
Die Betriebe mit „guter Geschäftslage“ bildeten mit 36 Prozent erfreulicherweise immer noch die größte Gruppe. Ihr Anteil hatte sich aber seit Ausbruch der Coronakrise vor einem Jahr massiv reduziert. Er überwog nur noch knapp den Anteil der Betriebe mit „schlechten Geschäften“ in Höhe von 32 Prozent. Dieser war gegenüber der Zeit vor der Pandemie rapide angewachsen. Ein Drittel der Befragten, beurteilt seine Geschäftslage als „befriedigend“.

Die Betriebe hegten insgesamt die Erwartung, dass sich die Geschäftslage bis zum Herbst leicht bessert. Es gab etwas mehr optimistische Betriebe als pessimistische. Die meisten (59 Prozent) gingen allerdings von einer gleichbleibenden Situation aus.

Der Geschäftslageindikator, der die aktuelle Situation und Prognose zusammenfasst, stürzte im Vergleich zum Boom vor Corona steil ab. Er lag bei 104 Prozentpunkten. Das waren 28,6 Punkte weniger als vor einem Jahr.

Im vorausgehenden Halbjahr gab es deutliche Umsatzdefizite durch Auftragseinbrüche. Gut die Hälfte der Betriebe verbuchte Rückgänge beim Umsatz. Bei 18 Prozent ging es aufwärts.
Angesichts einer gesunkenen Kapazitätsauslastung auf 74,4 Prozent – minus 6,5 Punkte gegenüber dem Vorjahr – mussten sich die Betriebe im Saldo erstmals seit zehn Jahren von Beschäftigten trennen. Die Mehrheit (72 Prozent) konnte den Personalbestand aber halten; 10 Prozent stellten zusätzliche Kräfte ein. Die Unternehmen erwarteten mit Auftragsreichweiten von 7,6 Wochen wieder mehr Einstellungen in den kommenden Monaten. Steigende Kosten insbesondere für Material machten Preissteigerungen im Saldo unumgänglich, wenngleich die Mehrheit das Niveau hielt.

Die Investitionen gingen leicht zurück. Bedenklich war, dass die Betriebe noch zurückhaltender bei ihrer Investitionsplanung für die nächsten Monate waren. Erweiterungsinvestitionen wurden vertagt. Eine knappe Liquidität schränkte den Spielraum ein.
 

Herbstkonjunktur 2021


Ein spürbarer Aufschwung kennzeichnete die Handwerkskonjunktur im Kammerbezirk Münster im Herbst 2021. Rückschläge durch die Pandemie konnten in den vergangenen sechs Monaten teilweise aufgefangen werden. Die Lage war aber noch deutlich vom Boom vor Corona entfernt. Der Arbeitsmarkt des Handwerks war belasteter als zuvor. Die Branchenunterschiede blieben enorm. Das zeigte die Herbst-Konjunkturumfrage 2021 der Handwerkskammer Münster. 433 repräsentative Handwerksbetriebe aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region hatten Auskunft zu ihrer Lage in den vergangenen sechs Monaten gegeben.

Die knappe Mehrheit der Betriebe (52 Prozent) meldete eine „gute“ Geschäftslage. 13 Prozent fanden die Lage „schlecht“ und 35 „befriedigend“. Damit setzte sich die Konjunkturerholung nach dem Lockdown im Frühjahr fort. Eine steigende Nachfrage nach Bauleistungen, Zulieferprodukten und privaten Konsumgütern belebte das Geschäft im Vergleich zum Vorjahr.
Die Ergebnisse zeigten aber auch: Die Betriebe blickten mit vorsichtiger Skepsis auf den Winter – wohl in Unsicherheit wegen Lieferengpässen und Infektionszahlen mit entsprechenden Schutzmaßnahmen. Die klare Mehrheit (71 Prozent) prognostiziert gleichbleibende Verhältnisse. Die Erwartungen sind im Saldo leicht negativ.

Der Geschäftslageindikator, der die aktuelle Situation und Prognose zusammenfasst, erreicht 116,9 Prozentpunkte. Das ist ein Plus von 5,5 Punkten gegenüber Herbst 2020.
Die Kapazitätsauslastung stieg seit dem Frühjahr um 7,3 deutlich auf 81,7 Prozentpunkte. Sie liegt 3,5 Punkte höher als vor einem Jahr.

Der Auftragsbestand verbesserte sich seit dem Frühling – der Saldo ist 5,9 Prozentpunkte im Plus. Die Betriebe erhielten also mehr neue Aufträge als sie abarbeiten konnten. Wesentlicher Grund dürften Lieferengpässe bei Vorprodukten und Rohstoffen sein.

Die Reichweiten der Aufträge nahmen in allen Gewerbegruppen zu. Im Schnitt warten Kunden des Handwerks 9 Wochen, bis sie an der Reihe sind. Das sind zwei Wochen länger als im Vorjahr beziehungsweise zwei Tage länger als vor Corona. Am längsten muss gewartet werden auf Leistungen des Bauhauptgewerbes (15,3 Wochen), des Ausbaugewerbes (11,5 Wochen) und der Handwerke für den gewerblichen Bedarf (10,9 Wochen). In diesen Gruppen verlängerten sich die Auftragsreichweiten gegenüber dem Herbst 2020 um 3 Wochen. Hauptursache dürfte wiederum die mangelnde Verfügbarkeit an Material sein.

Die Preissteigerung für handwerkliche Leistungen und Produkte war außergewöhnlich. Beinahe jeder zweite Betrieb (48 Prozent) berichtete von erhöhten Verkaufspreisen, nur noch 5 Prozent von gesunkenen. Die Konjunkturerholung der letzten Monate hatte Kostenanstiege bei vielen Rohstoffen und Energieträgern zur Folge. Der staatlich festgesetzte CO2-Preis verursachte eine zusätzliche Teuerung. Hinzu kamen Kapazitätsengpässe in den internationalen Logistikketten und bei den Produktionskapazitäten für viele Güter. Diese Faktoren werden sich auch in den kommenden Monaten auf die Absatzpreise der Handwerksbetriebe auswirken. Der Anteil der Betriebe mit Preissteigerungen war im Bau und Ausbau sowie in den Nahrungsmittelgewerke am höchsten.

Im Jahresvergleich stagnierte der Umsatz. Der Saldo der Anteile von Betrieben mit steigendem und Betrieben mit sinkenden Umsätzen lag bei minus 0,9 Prozentpunkten.
Angesichts der anziehenden Konjunktur zeichnete sich bei vielen Gewerken wieder ein Engpass an Fachkräften ab. Offenbar konnten bei Weitem nicht alle offenen Stellen mit zusätzlichen Fachkräften besetzt werden. Hinzu kamen Leerläufe wegen fehlendem Material. Von gesunkener Beschäftigung sprachen 18,7 Prozent der Befragten, von gestiegener Beschäftigung 16,4 Prozent. Der Saldo von minus 2,3 Prozentpunkten bedeutet einen Personalabbau. Eine entsprechende Verfügbarkeit vorausgesetzt, wollte das heimische Handwerk im nächsten Halbjahr mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen.

Mit dem besseren Geschäftsumfeld nahmen auch die Investitionen etwas zu. Die Betriebe agierten jedoch mit Blick auf Ungewissheiten durch die Pandemie und zerbrochene Lieferketten vorsichtig. Über den Jahreswechsel war mit einem erneuten Rückgang der Investitionstätigkeit zu rechnen.
 

Gewerbegruppen


Hochkonjunktur hatten nach wie vor die Bau- und die Ausbaugewerke, wo 64 beziehungsweise 66 Prozent „gute“ Geschäfte verbuchten. „Schlecht“ ging es nur 6 Prozent auf dem Bau beziehungsweise 4 Prozent im Ausbau. Letzterer hatte einen Spitzenauftragsbestand. Die weiterhin hohe Nachfrage nach Wohnbauten sorgte für eine kontinuierliche Entwicklung. Zuletzt sprang auch die gewerbliche Bautätigkeit wieder an. Das führte in den Bau- und Ausbaugewerken zu einer Kapazitätsauslastung von 90 Prozent. Trotz Umsatzsteigerungen wurden die Belegschaften im Baugewerbe etwas kleiner. Ursache dürften die Engpässe an Material gewesen sein, ohne das es auf den Baustellen nicht vorangehen kann. Das Ausbaugewerbe erhöhte dagegen die Beschäftigung und wollt auch weiterhin Personal einstellen. Beide Gruppen erwarteten über den Winter geringe saisonal- und knappheitsbedingte Abschwächungen der Geschäfte.

Im Gesundheitsgewerbe dürfte es einen Nachholeffekt durch häufigere Arztbesuche und offene Läden gegeben haben. So vitalisierte sich die Geschäftslage im Jahresvergleich deutlich. 56 Prozent der Betriebe sagten, es gehe ihnen „gut“. Von „schlechten“ Geschäften redeten 11 Prozent. Es kam zum größten Beschäftigungszuwachs und zur besten Umsatzbewertung aller Branchen. Die Auftragslage war prima. Die Erwartungen waren aber wohl wegen der erwarteten Infektionslage gedämpft.

Die Beurteilung der Geschäftslage fiel bei den Anbietern für den gewerblichen Bedarf deutlich besser aus als vor einem Jahr – trotz unterbrochener Lieferketten und weit verbreiteter gestörter Produktionsabläufe in der Industrie. 52 Prozent der befragten Betriebe meldeten „gute“ Geschäfte. „Schlecht“ war die Lage bei 17 Prozent. Dennoch war der Auftragsbestand nur moderat und sank der Umsatz. Hier wurde im Saldo am meisten Beschäftigung reduziert. Die Erwartungen deuteten auf eine leichte Verschlechterung in den kommenden Monaten hin.

Für die Nahrungsmittelgewerke brachte die Normalisierung des Konsumverhaltens über den Sommer eine positive Geschäftsentwicklung mit sich. 38 Prozent der Befragten fanden ihre Lage „gut“, 10 Prozent „schlecht“. Der Rückgang des Auftragsbestandes und der Beschäftigung hatte sich abgeschwächt. Die Branche investierte am meisten und blickte sehr optimistisch in die Zukunft – unter der Prämisse, dass es keinen weiteren Lockdown gebe.

Auch im Kraftfahrzeuggewerbe war die Geschäftslage deutlich besser als im Vorjahr, obwohl die gedrosselte Produktion der Automobilhersteller die Neuwagenverkäufe bremsten. 39 Prozent der Betriebe sagten, ihre Lage sei „gut“. 18 Prozent bewerteten sie als „schlecht“. Trotz der größten Umsatz- und Auftragsverluste aller Gewerke wurde die Beschäftigung leicht aufgebaut. Die Betriebe erwarteten von allen den deutlichsten Abschwung in den kommenden Monaten mit Freistellungen.

Die personenbezogenen Dienstleister litten nach wie vor unter dem zurückhaltenden privaten Konsum und den Corona-Einschränkungen. Ihre Geschäftslage hatte sich im Saldo weiter negativ entwickelt. 31 Prozent der Betriebe sagten, dass ihre Geschäftslage „schlecht“ sei. Nur jedem Fünften ging es „gut“. Spürbare Rückgänge gab es beim Umsatz, Auftragsbestand, der Beschäftigung und den Investitionen. Die Erwartungen waren sehr verhalten optimistisch.
 

Handwerksbetriebe

Betriebsstand nach Gewerbegruppen 2021

Betriebsbestand nach Gewerbegruppen 2021

Veränderung des Betriebsstandes 2011 bis 2021

Veränderung des Betriebsbestandes 2011 bis 2021

Selbstständigkeit

2.489 Existenzgründungen nach Kreisen und kreisfreien Städten und nach Anlagen der Handwerksordnung 2021

Existenzgründungen nach Kreisen und kreisfreien Städten und nach Anlagen der Handwerksordnung 2021

Meistergründungsprämie als Starthilfe: 87 Handwerksmeisterinnen und -meister im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region haben 2021 die Bewilligung der Meistergründungsprämie NRW für ihre Selbstständigkeit erhalten.

 

Beschäftigte im Handwerk

211.693 Beschäftigte nach Handwerksgruppen 2021

Beschäftigte nach Handwrksgruppen

Auszubildende

14.754 Lehrlinge 2021 nach Wirtschaftssystematik, Veränderung gegenüber 2020

Auszubildende 2021 nach Wirtschaftssystematik, Veränderung gegenüber 2020

Gesellen- und Abschlussprüfungen 2021

Gesellen- und Abschlussprüfungen 2021

14.754 Lehrverträge 2021 nach Kreisen und kreisfreien Städten

Lehrverträge 2021 nach Kreisen und kreisfreien Städten

Schulische Vorbildung der Lehrlinge bei Ausbildungsbeginn

Schulische Vorbildung der Lehrlinge bei Ausbildungsbeginn

Auszubildende aus 92 Nationen: 1.748 Lehrlinge mit ausländischer Staatsangehörigkeit

Lehrlinge mit ausländischer Staatsangehörigkeit

Neu abgeschlossene Lehrverträge 2011 bis 2021

Neu abgeschlossene Lehrverträge 2011 bis 2021 und Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr

Veränderung gegenüber dem Vorjahr

Neu abgeschlossene Lehrverträge 2011 bis 2021 und Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr

In einer Blitzumfrage der HWK Münster Ende Juli 2021 sagten 54 Prozent von 432 befragten Handwerksbetrieben, dass sie noch nicht alle angebotenen Lehrstellen besetzen konnten. 74 Porzent gaben an, dass es bislang keine Bewerber gegeben habe.

 

Handwerksrolle

2.863 Eintragungen Handwerksrolle 2021

Eintragungen Handwerksrolle 2021

2.350 Austragungen Handwerksrolle 2021

Austragungen Handwerksrolle 2021

Ausübungsberechtigungen
 
  • nach § 7a HwO (für ein weiteres Handwerk): 31 Bewilligungen, 2 Ablehnungen, 16 Verfahrensrückstellungen und Antragsrücknahmen
  • nach § 7b HwO (Altgesellenregelung): 17 Bewilligungen, 2 Ablehnung, 23 Verfahrensrückstellungen oder Antragsrücknahmen

 
Ausnahmebewilligungen
 
  • nach § 8 HwO (Ausnahmefall): 371 Bewilligungen, 16 Ablehnungen, 150 Verfahrensrück­stellungen oder Antragsrücknahmen
  • für Angehörige der EU/EWR-Staaten und für sonstige Ausländer nach § 9 HwO (i.V.m. EU/EWR HwV): 6 Bewilligungen, keine Ablehnungen, 5 Antrags­rücknahme
  • für Angehörige der EU/EWR-Staaten und für sonstige Ausländer nach § 8 und § 9 HwO (i.V.m. EU/EWR HwV): 121 Bewilligungen, keine Ablehnungen, 3 Verfahrensrück­stellungen oder Antragsrücknahmen